Akte KB/1/06.19/Ponzi
Kryptowährungen liegen im Trend: nichts liegt näher, als sein Geld bequem mit ein paar Klicks im Internet zu vermehren. Und was klingt besser als eine scheinbar besonders lukrative Investitionsmöglichkeit, welche das Investment-Risiko in eine Kryptowährung theoretisch gegen Null hält, wenn diese durch Gold gedeckt wäre, denn das Edelmetall gilt als krisensicher.
Immer wieder erleichtern dubiose Unternehmen die Taschen gutgläubiger Menschen mit immer größerem Setup, um Glaubwürdigkeit und Seriosität herzustellen. Der Fall Karatbars zeigt, wie perfide die Strippenzieher dabei vorgehen. Das Versprechen des deutschen Unternehmensgründers und Geschäftsführers der Karatbars International GmbH aus Stuttgart, Harald Seiz, sowie seines kroatischen Vorstandsmitgliedes Josip Heit, der KaratGold Coin (KBC) und der Karatbank Coin (KCB) wären mit Gold abgesichert, scheint jeglichem faktischen Nachweis zu entbehren. Laut eigener Aussage der Firma Karatbars, sollen mittlerweile mehr als 500.000 Menschen in den KBC und KCB Coin investiert haben. Mit der Aussicht auf Traumrenditen knöpfen die begnadeten Finanzgenies den Investoren und Kleinanlegern das Geld ab. Ob diese sensationellen Renditen tatsächlich auf ausreichenden Goldreserven beruhen oder können sie nur aus nachströmenden Geldern weiterer Anleger bezahlt werden bis der Zustrom abreißt und das Ganze kollabiert? Hat Karatbars tatsächlich das Gold, um den KBC und KCB Coin abzusichern? Und wie stellt man Glaubwürdigkeit bei ahnungslosen Anlegern her? Unser internationales Recherche-Team hat sich der Sache angenommen und stoß dabei auf unglaubliche dreiste Machenschaften der sogenannten Vorzeigeunternehmer.
Zum Masterplan bedarf es eines Video-Drehtags mit einer gemieteten, freiberuflichen Moderatorin in Hongkong Ende März 2019, die mit einem seitens von Karatbars geschrieben Videoskripts den Eindruck eines seriös geführten Interviews mit Harald Seiz und Josip Heit in angeblich unternehmenseigenen Büro erwecken soll (https://youtu.be/tmpndhxpFdE), eine Tagestour zu einem für einen Tag angemieteten Vaults in Hongkong für 2.500 Euro bei der Royal England Safe Deposit Box Ltd., zweier Minen in Afrika, einer vermeintlichen Bankeröffnungsfeier in Miami und eines selbst ausgerufenen Gold Independence Days in Las Vegas am 4. Juli 2019.
Durch die Hongkonger Straßen laufen an einem sonnigen Märztag diesen Jahres durch Bodyguards umzingelt Josip Heit, Harald Seiz und der Rumäne Alex Bodi, auf dem Weg zu einer 2017 gegründeten Safe Deposit Firma unter dem noblen Namen “Royal England Safe Deposit Box Ltd”. Wohlgemerkt, es handelt sich um keine Bank. Alex Bodi schiebt eleganterweise einen kleinen Cabin Alukoffer der Marke RIMOWA mit augenscheinlicher Leichtigkeit vor sich her. Ganze 280 kg Gold müssten es in diesem kleinen Cabin-Koffer rein rechnerisch sein, denn laut Video-Kommentator (https://youtu.be/ueNLACYpj3M) wurden am gleichen Tage noch ganze 1,12 Tonnen Gold, die im Bürosafe lagen, bereits ins Safe Deposit eingelagert. Im Safe House angekommen, demonstrieren Josip Heit und Harald Seiz wie sie aus dem Alukoffer den restlichen Goldbestand in den Sicherungsvault bei der 2017 gegründeten “Royal England Safe Deposit Box” Firma einlagern. Zur völligen Verwirrung sorgt im gleichen Video dann zum Schluss der Kommentar von Seiz, sie hätten nun 40 kg Gold gelagert, was dem eigentlichen Szenario eher entspricht. Kein Wunder, denn den Überblick kann man schon ganz schnell bei diesem Setup verlieren…
Warum suchen die beiden in Deutschland ansässigen Unternehmer Harald Seiz und Josip Heit ausgerechnet eine Hongkonger Schließfachfirma als Goldaufbewahrungsplatz aus? Harald Seiz ist Geschäftsführer sowohl der Karatbars International GmbH in Stuttgart als auch der GSB Gold Standard Banking Corporation AG in Düsseldorf, und Josip Heit ist Vorstandsmitglied. Zum einen, um Geld am deutschen Fiskus vorbeischleusen zu können, und zu anderem – im Falle dass Karatbars GmbH/GSB Gold Standard Banking Corporation AG gar nicht über die behaupteten Mengen an Gold verfügt – die Legitimationsprüfung nach der deutschen Abgabenordnung zu vermeiden. Zu guter Letzt, wer möchte schon Steuern auf eine imaginäre Menge Gold bezahlen. Angemerkt sei hier auch, dass jeder ein Schließfach im Tresorraum der Safe-Deposit-Firma anmieten kann, sofern man die Miete bezahlt. Ob es sich um die 1,4 Tonnen angeblichen Feingoldes um echtes Gold handelt, ist nicht nachgewiesen. Wahrscheinlicher ist, dass das “Feingold” aus der Requisitenkammer für die Videoproduktion stammt. Darüber hinaus ist ja auch bekannt, dass in China tonnenweise gefälschte Goldbarren hergestellt werden, die in großer Stückzahl verkauft werden. Größe und Prägung können sich die Käufer sogar noch aussuchen.
Der KaratGold Coin (KBC) sowie der KaratCoin Bank Coin (KCB) sollen durch eigene Goldminen in Madagaskar und Guinea gedeckt sein. In der offiziellen Firmenpräsentation heißt es, die MIne in Guinea hätte ein Vorkommen von 700 Tonnen Gold. Diese Aussage widerspricht ganz klar dem Statement des Ministeriums für Minen und Geologie der Republik von Guinea, welches die gesamten Goldreserven des ganzes Landes auf 700 Tonnen schätzt und die jährliche Goldförderung auf etwa 8 bis 10 Tonnen beziffert. Die Goldstandard Bank Corporation AG oder irgendein anderes Unternehmen im Karatbars-Geflecht kann somit ganz klar nicht zu einem nennenswerten Goldförderer im Lande zählen, vorausgesetzt sie verfügten tatsächlich über die Goldmine. Wichtig dabei is zu wissen, dass die größten Goldproduzenten in Guinea nämlich die Gold Corporation (SAG, eine AngloGold Ashanti Tochtergesellschaft) mit etwa 9,9 Tonnen sowie die Dinguiraye Mining Corporation (SMD) mit 8,5 Tonnen Gold pro Jahr, sind. Auf der Minen-Lizenzen Seite des Ministeriums der Republik von Guinea http://guinee.cadastreminier.org/fr/ befindet sich weder eine aktive noch eine beantragte Lizenz irgendeines dem “KB-Universum” angeschlossenem Unternehmens, also weder der vermeintlichen Bank in Miami oder der GSB Gold Standard Banking Corporation AG aus Düsseldorf.
Die Minen in Madagaskar, die nach Angaben eines selbst in Auftrag gegeben Bewertungsgutachtens bei einem unbekannten Revisor aus dem Frankfurter Raum über angeblich 22 Tonnen an Gold-Potenzial verfügt, sind unter den Lizenznummern 39756 und 15745 angeführt, welche der Firma TSARAVINTANA MINING S.A.R.L.U. gehören und für den Abbau von Rubinen, Saphiren, Uran, Rhodium, Malachit und Mica, aber nicht für Gold, freigegeben sind.


Für Kopfschütteln sorgen dann auch die Bilanzen der GSB Gold Standard Banking Corporation AG (ehemals GCC Gazella Corporate Capital AG) aus Düsseldorf, der kroatischen Tochterfirma White Rock d.o.o. und der KBC Inc. selbst. Laut dem Bewertungsbericht sind beide Firmen zu jeweils 50% Teilhaber der Goldmine “Fort Dauphin” auf Madagaskar.

Schaut man in die Gewinn- und Verlustrechnung für das Finanzjahr 2018 der kroatischen White Rock d.o.o. weist diese sogar einen Verlust von 48.551 Kuna aus (etwa 6.500 Euro). In der Aktiva sucht man vergeblich einen entsprechenden Vorratsvermögenswert, der dem errechneten Buchwert im Bewertungsbericht von 938,8 Millionen Euro und der 50%igen Anteil an Fort Dauphin nur annähernd darstellen würde.

Es gibt auch eine zweite, namensähnliche kroatische Firma “White Rock Minerals d.o.o.” unter der Registernummer 57875783006. Der Bilanzbericht der White Rock Minerals d.o.o. weist einen Umsatz von 121 Kuna aus, was circa 16 Euro entspricht, sowie einen Verlust von 15.663 Kuna (etwa 2.100 Euro).



Kurioses lässt sich auch im Whitepaper der Karatcoin Bank finden. Dort heißt es im Haftungsausschluss bezüglich der Goldmine, dass diese u.a. vielleicht gar nicht existieren würde: “The KBC FOUNDATION GOLD MINE is located in Madagascar and shall produce gold that will be required by the KaratGold Ecosystem. For example, the gold shall be used for the CASHGOLD, which shall have a link to the KaratGold Coin. Whether and to which extent the gold mine exists, whether its managers are professional, how the license situation is and whether it will produce substantial quantities of gold and at market conform prices, is open. (…) If such risks materialize, the KaratGold Ecosystem and with it the KaratGold Coin as well as the KARATCOINBANK COIN and the KARATCOINBANK WORLD ecosystem could collapse. A total loss of the funds invested in the KARTCOINBANK COIN could be the consequence (KaratCoinBank Whitepaper, Seite 14).
Und dann ist da noch die vermeintliche Bank in Miami. Vor etwa 8 Monaten auf einer Veranstaltung in Atlanta verbreiteten Karatbars-Führungskräfte unwahre Behauptungen. “Haben Sie das Bankgebäude in Miami gesehen, haben sie gesehen, dass die Bank echt ist, haben sie das Bankgebäude gesehen, hat es euch gefallen?”, schreit Dirk Zahlman von den Bühne und versucht Glaubwürdigkeit beim Publikum herzustellen. Die Bank in Miami hätte 100 Millionen US-Dollar gezeichnetes Kapital, wobei lediglich 50 Mio. erforderlich gewesen wären. Der CEO Harald Seiz und Vorstandsmitglied Josip Heit lassen nicht kleckern, wenn dann wird richtig geklotzt. Wir schauen ins dortige Unternehmensregister und suchen nach Firmen die “Karat Coin”, “Karat Gold”, KaratCoin Bank”, “Karat Bank”, “KBC” usw. im Namen enthalten haben. Vergeblich. Der einzige Treffer ist eine Corporation unter dem Namen “KARAT COIN, CORP.” mit Sitz in New York, aber keine Bank in Aventura, Miami. Lediglich als Business-Adresse wurde der Raum Nr. 700 an der 18851 NE 29th Ave in Aventura, Miami, angegeben. Bei dem an diesem Adresse befindlichen Bürogebäude handelt sich jedoch um kein Bankgebäude, sondern vielmehr um Büros, die man auch auf stündlicher Basis anmieten kann (https://www.davincivirtual.com/loc/us/florida/aventura-virtual-offices/facility-974). Bei dem Raum Nr. 700, aus der heraus die Corporation angeblich operiert, handelt es sich um ein sog. Virtual Office, welches man schon ab rund 60 US-Dollar pro Monat anmieten kann.




Gold bestellt man bei Karatbars entweder als sog. Clasic Cards (Sammlerkarten) oder CashGold Scheinen in Stückelungen zu je 0,1 g, 0,2 g, 0,4 g, und 0,6 g, die dann in den Profit-Packages beinhaltet sind. Dazu bekommt man noch eine gewisse Menge an der KBC/KCB Kryptowährung, die faktisch wertlos ist, da sie, wie bereits dargelegt, nicht durch Gold abgedeckt ist. Das günstigste Paket kostet 150 Euro und man erhält gerade mal 0,2 g CashGold. Ein Gramm Feingold liegt bei etwa 38 Euro; der Wert aus dem Paket liegt somit bei mickrigen 7,60 Euro, da die angebliche Goldabsicherung des KBC/KCB Coins nicht nachgewiesen ist. Ob es eine gute Entscheidung ist, 150 Euro für 0,2 g CashGold zu bezahlen, bleibt jedem selbst überlassen.
Auch die Gold-Argumentation erscheint widersprüchlich: Auf einer Seite ist davon die Rede, dass das Gold, das üblicherweise in Form von Barren oder Münzen vorliegt, aufgrund seines beträchtlichen Wertes jedoch eher nicht als Zahlungsmittel für eher geringfügige Beträge angegeben wird (beispielsweise zum Erwerb von Gegenständen des täglichen Bedarfs), da eine hierfür erforderliche Stückelung nicht vorgesehen ist oder die Handhabung aufgrund eher geringer Goldmengen unpraktisch erscheint. Daher setzt Karatbars auf Kleinstückelung in Form von sog. CashGold Scheinen. Die praktische Anwendung von CashGold erscheint jedoch zweifelhaft – mit einem CashGold Schein kann man vergeblich versuchen, die Kassiererin an der Supermarktkasse oder an der Tankstellen zu überreden, seinen Einkauf damit zu bezahlen. Und bestellt man CashGold bei der Karatbars GmbH wird dieses auch nicht sofort geliefert. Die einzige Option während des Bestellvorgangs lautet “Storage”, es soll angeblich gelagert werden. Andererseits kann man von Sammlerkarten und CashGold sicherlich nicht von einer “Investition in die Zukunft” reden.
Am 4. Juli 2019 könnten Investoren laut Unternehmensangaben 100 KBC in 1 Gramm pures Gold auf der “Gold Independence Days”-Veranstaltung im Bellagio in Las Vegas umtauschen. Das dürfte für Karatbars auch kein Problem sein, denn schließlich hat man mit teuren Paketen genug Geld eingesammelt. Wer sich dann trotzdem über CashGold Scheinen freuen sollte, kann versuchen in Las Vegas mit CashGold-Scheinen einzukaufen.
Bis 2020 wollen die Karatbars International GmbH und die GSB Gold Standard Banking Corporation AG mit ahnungslosen Anlegern so eine Marktkapitalisierung von 100 Milliarden US-Dollar erreichen. Windige Unternehmer wie Harald Seiz und Josip Heit haben derzeit leichtes Spiel. Menschen fürchten sich vor Preissteigerungen und Wirtschaftskrise, bei der Geldanlage sind Produkte, die Schutz vor Inflation versprechen, gefragt. Schwer nachvollziehbare Firmenstrukturen, Goldminen, die keine sind, und eine Kryptowährung, die auf nichts aufbaut – das ist die Karatbars-Bilanz. Investition in die Zukunft? Wohl kaum.
Die erste Kryptowährung der Welt, die angeblich durch Gold gedeckt ist, entpuppt sich nun als Ponzi-System und zum möglicherweise größten Schwindel der letzten Jahre. Ob der Fall Karatbars zum größtem Goldskandal noch vor dem Bre-X Mining Goldscam (https://youtu.be/v00GzKgBL7Q) avancieren kann, werden die nächsten Wochen sowie die angelaufenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaften und entsprechender Behörden zeigen. Jüngst verschwanden immer mehr betrügersiche Kryptofirmen spurlos von der Bildoberfläche oder gingen bankrott; man erinnert sich nur an Tessline oder Omnia… Fazit: Finger weg von allen Firmen im Karatbars-Geflecht, wen man am Ende nicht leer ausgehen will.
Die Enthüllungen rund um die Karatbars-Machenschaften sind lediglich die Spitze des Eisbergs. Was und wer genau hinter Karatbars und der GSB Gold Standard Banking Corporation steckt und woher das angebliche Vermögen stammt, dessen Herkunft sich nicht durch CashGold-Scheine und Gold-Sammlerkarten erklären lässt, erfahren Sie im nächsten Teil.
Teil 2 jetzt Online hier : https://investreport.home.blog/offentliche-blamage-fur-karatbars-beim-falschen-und-kopieren-ertappt-geht-es-uberhaupt-noch-dreister/
English version https://investreport.home.blog/the-case-of-karatbars-the-biggest-gold-pyrmid-scheme-of-all-times/






































